Bring Farbe ins Lesen!
Im alltäglichen Sprachgebrauch sind sie felsenfest verankert: das blaue Wunder, Rot sehen, die sprichwörtliche rosa Brille, grün hinter den Ohren oder eine graue Maus sein – die Rede ist von Farben!
Farben sind so präsent in unserer Sprache, dass sie essenziell mitbestimmen, wie wir die Welt wahrnehmen. Ist es dann nicht verwunderlich, dass Literatur – eine Kunst, die sich seit Menschengedenken bemüht, das sprachliche Vermögen voll und ganz auszuschöpfen – praktisch immer »Schwarz auf Weiß« daherkommt? Welche Bedeutung hat Farbe für die Literatur und Farbe in Büchern im Allgemeinen? Kann mit ihrer Hilfe unser Vorstellungsvermögen nicht weitaus mehr genutzt werden?
Nüchtern betrachtet ist die oberflächliche Abstinenz von Farbe in Büchern einfach erklärt: Papier ist nun mal weiß oder chamoisfarben, und die Schrift ist deshalb schwarz, weil sich somit der größtmögliche Kontrast ergibt und alles einfach zu erkennen, abzugrenzen und zu lesen ist. Wäre Papier schwarz, wäre die standardisierte Schriftfarbe mit Sicherheit Weiß. Um Farbe gut und gesättigt abdrucken zu können, sind andere, hochwertigere Papierarten notwendig. Und Sie kennen es wahrscheinlich auch aus dem Privatbereich: Eine Druckerpatrone für Farben ist teurer als eine für Schwarz. Dass Bücher sich im »schwarz-weißen« Gewand zeigen, ist also einfach mit Effizienz, Lesbarkeit und dem Weg des geringsten Widerstandes zu erklären.
Farbe in Büchern: Mehr als farbenfrohe Versuche
Variation mit Farben im gedruckten Buch würden allenfalls als experimentell und bestimmt höchst unüblich wahrgenommen werden. Wie so oft ist auch hier entscheidend, von welcher Textsorte gesprochen wird. Ein rein in Prosa verfasster Psychothriller würde sicherlich Schwierigkeiten haben, den Einsatz von farbigen Elementen zu rechtfertigen, während Kinderbücher oder Gedichtbänder, die oft von vornherein kreativere gestalterische Wege gehen, hier mehr Spielraum haben. In der Lyrik sind Illustrationen inzwischen sogar ein Trend, den sich viele Poeten zu Nutze machen. Wie Sie erfolgreich Gedichtbände verlegen, finden Sie auch in diesem Beitrag heraus. So hat etwa schon Christian Morgenstern Farbe in Büchern mit seinem »Trichter« demonstriert, der die Worte darin so arrangiert, dass sie tatsächlich die Form eines Trichters ergeben – eine optische Spielerei, die man in Romanen wohl vergeblich suchen wird.
Illustrierte Kinderbücher hingegen lassen ihre farbenfrohen Bilder oft über die Breite ihrer gesamten Doppelseite wirken, wodurch das Papier selbst farbig ist – der Text ist also »Schwarz auf Bunt«.
Michael Endes berühmte »unendliche Geschichte«, in vielerlei Hinsicht eine Vorreiterrolle spielend, zeigt sich auch in Hinblick auf Schriftfarben mitunter innovativ. So sind mehrere Ausgaben des Klassikers erhältlich, in denen die Schriftfarbe zwischen Rot, Schwarz oder Lila und Grün wechselt, je nachdem, ob wir uns gerade in der Realität oder im fantastischen Reich befinden.
Zur Freude der einen, zum Leidwesen der anderen
Farben unterscheiden sich von Worten in einer ganz entscheidenden Eigenschaft: Sie lassen sich nicht in andere Sprachen und Kulturräume übersetzen. Bücher von einer Sprache in die andere zu übertragen ist eine sehr herausfordernde Angelegenheit. Die Schwierigkeit, die der Einsatz von Farben dabei mit sich bringt, ist, dass eine Farbe in einem Kulturraum eine völlig unterschiedliche Assoziation wecken kann als anderswo. Die Farbe Blau zum Beispiel ist in westlichen Kulturräumen häufig mit Besonnenheit, Distanz, Ruhe und Gelassenheit assoziiert – in Indien hingegen versinnbildlicht die Farbe Kraft, Mut und Tapferkeit, in China wiederum steht sie mit dem Himmel, dem Irrealen und der Unsterblichkeit in Verbindung. Selbst innerhalb einer Kultur können derselben Farbe sehr konträre Bedeutungen zugeordnet sein. Gelb etwa steht oft
für Lebensfreude und Optimismus, gleichzeitig aber auch für Neid und Egoismus.
Der Versuch, den eigenen Texten durch eine ausgefallene Farbgebung eine weitere Ebene der Rezeption hinzuzufügen, kann also nur innerhalb einer Gruppe funktionieren, die dieselben Konventionen und Vorstellungen hat.
Selbst das reine, unschuldige Weiß kann für Dichter eine bedrückende Stimmung erzeugen, wenn es ihnen von der leeren ersten Seite entgegenstarrt.
Längst sollte offensichtlich sein: Farbe in Büchern zu integrieren ist der Versuch, ein Medium in ein anderes hineinzuzwängen. Es erfordert viel Kreativität, Vorstellungsvermögen und die Fähigkeit, über konventionelle Grenzen hinauszublicken, um einen Rahmen zu finden, in dem sich dieser Versuch erfolgreich und harmonisch umsetzen lässt – und dabei auch Sinn macht und nicht nur der Novität wegen durchgepeitscht wird.
Sie müssen nicht das Rad neu erfinden, wenn Sie ein Buch schreiben. Der Grund, aus dem Romane in den allermeisten Fällen auf farbliche, gestalterische Erweiterungen verzichten, ist denkbar einfach: Sie haben es nicht nötig. Worte alleine leisten alles, was es braucht, um das Meisterwerk Buch und Poesie zum Leben zu erwecken. Die Kunst des Bücherschreibens liegt darin, Leserinnen und Leser abzuholen und Bilder in ihren Kopf zu zaubern, die bunter sind als alles, was die breiteste Farbpalette hergibt – und das nur unter Einsatz von schwarzen Buchstaben vor weißem Hintergrund.
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