Die Geister, die ich rief
Das Zusammenspiel zwischen künstlicher Intelligenz und Literatur ist ein faszinierendes Thema. Künstliche Intelligenz kann in der Literatur auf verschiedene Weisen eingesetzt werden.
Stopp! Ganz ehrlich: Hätten Sie erkannt, dass die ersten beiden Sätze dieses Artikels nicht von einem Menschen verfasst, sondern durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz (gemeinhin auch als KI bekannt) generiert wurden? Wie fühlen Sie sich, nachdem Sie diese Information erhalten haben? Erschrocken? Von den neuen technischen Möglichkeiten angetan? Brüskiert, dass künstliche Intelligenz im Verlagswesen zum Einsatz kommt? Die Meinungen, ob künstliche Intelligenz ein probates Hilfsmittel ist oder für kreative Berufe den Untergang bedeutet, divergieren. Wir haben für Sie die teils kontroversen Diskussionen zu diesem Thema mitverfolgt.
Was ist ein Textgenerator?
Zunächst sollte definiert werden, was unter einem Textgenerator, jenem KI-gestützten Hilfsmittel, das Autor*innen am ehesten zurate ziehen, zu verstehen ist. Anhand von Arbeitsanweisungen, auch Prompts genannt, kann einem Textgenerator eine Aufgabe gestellt werden. Für den ersten Paragrafen dieses Artikels lautete diese: „Artikel über das Zusammenspiel zwischen künstlicher Intelligenz und Literatur.“ Basierend auf solchen Angaben generiert die künstliche Intelligenz Text – auf Grundlage der Informationen, die davor in sie eingespielt wurden. Ein Textgenerator erstellt Texte somit basierend auf anderen Texten, mit denen er trainiert wurde – hier kann man von Milliarden an Vorlagen ausgehen. Vor allem jene Textsorten, die besonders normiert sind, können dabei täuschend echt simuliert werden – etwa wissenschaftliche Arbeiten oder Werbeannoncen. Der Textgenerator agiert nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip: Welche Worte folgen für gewöhnlich aufeinander?
Rechtliches Niemandsland
Dass für das Trainieren der künstlichen Intelligenz auch Texte berühmter Schriftsteller*innen herangezogen werden, hat für einen Aufschrei in der Literaturszene gesorgt. Viele ihrer Stars, darunter Stephen King, John Grisham und Margaret Atwood, verwehren sich gegen eine solche Verwertung ihres geistigen Eigentums. Auch Neuautor*innen setzen zu Beginn ihrer Bücher vermehrt einen Disclaimer, der die Weiterverarbeitung durch KIs ausschließt.
Dass das Thema künstliche Intelligenz derzeit rechtlich noch eine Grauzone ist, zeigt sich daran, dass bis heute nicht geklärt ist, wer als Urheber eines KI-generierten Textes gilt. Ist es die Person, die den Prompt eingegeben hat? Oder die Programmierenden, auf deren Arbeit die KI beruht? Bis solche Fragen nicht geklärt sind, erscheint es auf alle Fälle verfrüht, Texte, die gänzlich ohne menschlichen Beitrag – etwa Recherche oder Editieren – auskommen, eins zu eins zu publizieren. Daher sollte künstliche Intelligenz im Verlagswesen vorerst noch mit Bedacht zum Einsatz kommen.
Wichtige Rechtstipps für Autoren finden Sie übrigens auch in diesem Beitrag!
Status quo: Künstliche Intelligenz im Verlagswesen
Der Vormarsch der künstlichen Intelligenz hat auch vor der Verlagsbranche nicht Halt gemacht. Automatisierte Programme, die Manuskripte auf ihre Marktchancen prüfen, sind heute im englischsprachigen Raum bereits gang und gäbe.
Darüber hinaus können Manuskripte auch stilistisch analysiert werden, um herauszufinden, welche Handlungsmuster oder Figurenkonstellationen erfolgversprechend sind. Das führt dazu, dass insbesondere jene Literatur, die immer denselben Prinzipien folgt, als jene angesehen wird, die auch von einer KI hervorgebracht werden kann. Genres wie Fantasy oder Romance, die wiederkehrende Tropen beinhalten, werden heute schon mithilfe künstlicher Intelligenz geschrieben. Dennoch kann eine KI es (noch) nicht schaffen, einen Roman zu schreiben, ohne dass dieser vor lauter Klischees und leeren Worthülsen nur so strotzt.
Wo bleibt der Humor? Wo die Emotion?
Doch woran liegt das? Während künstliche Intelligenz mittlerweile gut darin trainiert ist, gängige Muster zu emulieren, so fehlt es ihr doch noch am Feingefühl, um emotionale Tiefgründigkeit oder sprachliche Nuancen – etwa Wortspiele – abzubilden. Vereinfacht gesagt: Künstliche Intelligenz kann Texte über die Welt schreiben, basierend auf den Sprachmodellen, auf die sie sich stützt. Eine Abbildung der Hoffnungen und Träume, die in diese Welt gesetzt werden, dem eigentlichen Thema von Literatur, bleibt jedoch nach wie vor uns Menschen vorbehalten.
KI als Sparringspartner
Das heißt nicht, dass man künstliche Intelligenz nicht heranziehen sollte, um sich beim Schreiben Hilfe zu suchen.
Kreative Prozesse leben vom Austausch mit einem Gegenüber. Unsicher, wie die Handlung weitergehen soll? Oder wie eine Figur auf eine bestimmte Situation reagieren könnte? Hier bietet die künstliche Intelligenz jetzt schon spannende Möglichkeiten.
Bei der nächsten Schreibblockade ist es also zumindest den Versuch wert, ins Gespräch mit einem KI-Chatbot zu treten. Sie werden vielleicht überrascht sein, welch kreative Impulse dadurch entfesselt werden!
Sie haben mit oder ohne künstliche Intelligenz ein Werk geschaffen, das der Welt nicht länger vorenthlten werden sollte? Wir suchen noch nach neuen Autoren und Geschichten. Informieren Sie sich hier über die Möglichkeiten, Schriftsteller in unserem Verlag zu werden.