Literaturland Schottland: Zwischen Karomuster und Whisky
Eine internationale Studie hat Schottlands Hauptstadt Edinburgh vor kurzem zur gastfreundlichsten Stadt gewählt, die man als Tourist besuchen kann. Für uns Grund genug, die Literatur der wirtlichen Schotten unter die Lupe zu nehmen.
Literaturland Schottland: Anfänge auf Gälisch
Im 8. Jahrhundert ging das Königreich Schottland aus dem Staat Alba hervor. Die literarische Elite des frischgeschlüpften Landes produzierte Texte auf Latein und Gälisch. Einflüsse aus Frankreich und Skandinavien lassen sich im 13. Jahrhundert feststellen, während der erste genuin-schottische Text im 14. Jahrhundert produziert wurde – das epische Werk „Brus“ des Barden John Barbour.
Schottland und England zwischen Mäzenatentum und Wiedervereinigung
Wie auch anderswo in der frühen Neuzeit üblich, waren schottische Dramatiker und Dichter von der Großzügigkeit ihrer Mäzene abhängig. Als einer der fleißigsten Förderer schottischer Literatur kann wohl James VI. gelten, der nach dem schottischen im Jahr 1603 auch den englischen Thron bestieg. Mit der Machtverschiebung nach England schmolz der Einfluss schottischer Autoren und es war ironischerweise die Vereinigung der beiden Länder im Jahr 1707, die zu einem erneuten Wiederaufleben der schottischsprachigen Literatur führte. Schottisch hatte sich als Sprache der ruralen Gegenden erhalten und es war hier und im pastoralen Bereich, dass sich eine selbstbewusste schottische Identität zu entwickeln begann.
Ein Literaturschwindel, der Schule machte
Der erste schottische Dichter, der internationalen Ruhm erlangte, war James Macpherson. Er behauptete, er hätte „Die Gesänge von Ossian“ entdeckt, eine Sammlung von altgälischen Epen. Tatsächlich handelte es sich nicht um Übersetzungen aus dem Gälischen, sondern um blumig formulierte Adaptionen alter Mythen, die Macpherson selbst schrieb und an die Geschmäcker seines Lesepublikums anpasste. Seine Texte, die Europa im Sturm eroberten, werden heute als Initialzündung für die Frühromantik betrachtet.
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Säulenheilige der schottischen Literatur
Ein Schotte, der von Macpherson beeinflusst wurde, sollte schlussendlich zum Nationaldichter des Landes emporsteigen: Robert Burns. Er war nicht bloß einer der Hauptproponenten der Frühromantik, sondern trat auch als Sammler schottischen Liedguts auf. Dass „Auld Lang Syne“ in ganz England am Silvesterabend ertönt, ist ihm zu verdanken. In seinen Gedichten, die er nicht nur auf Schottisch, sondern auch in einem schottisch-englischen Dialekt schrieb, trat er für die Einzigartigkeit der schottischen Kultur ein.
Walter Scott begann ebenfalls als Dichter, wandte sich jedoch rasch der Prosa zu. Sein Werk „Waverley“ aus dem Jahr 1814 kann als erster historischer Roman der Literaturgeschichte gewertet werden. Mehr als jeder andere Autor war es Scott, der der schottischen Literatur im 19. Jahrhundert zur Beliebtheit verhalf. International angesehene Schriftsteller aus Schottland wie Robert Louis Stevenson, der Vater von „Dr. Jekyll und Mister Hyde“, sowie Arthur Conan Doyle, der Erfinder von Sherlock Holmes, sind ohne Scotts Vorarbeit undenkbar.
Schottische Renaissance
In den 1920er-Jahren kam es zu einer Renaissance des schottischen Nationalgedankens, mit der ein Revival der schottischsprachigen Literatur einherging. Hugh MacDiarmid setzte sich dafür ein, das Schottische wieder zu einer ernsthaften Literatursprache zu machen. Mit seinen Mitstreitern betrieb er eine Literatur, die Fragen der Identität, des Nationalstolzes und der politischen Situation der Zeit erörterte. Autoren, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufs Schottische setzten, sind etwa Robert Garioch und Sydney Goodsir Smith, während andere, darunter die feministische Ikone Muriel Sparks, es bevorzugten, auf Englisch zu schreiben.
Weltliteraturstadt und Tartan Noir
Edinburgh wurde 2005 von der UNESCO zur ersten Weltstadt der Literatur ernannt. Kein Wunder, findet dort doch jährlich eines der wichtigsten Literaturfestivals, das Edinburgh International Book Festival, der englischsprachigen Welt statt. Das Literaturland Schottland ist heute vor allem Krimifans ein Begriff. Der trendige Tartan Noir, benannt nach dem charakteristischen Schottenkaro, wurde durch die „Laidlaw“-Serie von William McIlvanney eingeläutet, der seinen hartgesottenen Ermittler in drei Bänden durch den Untergrund von Glasgow jagt. Es ist aber wohl vor allem Ian Rankin, der sich mit seinem griesgrämigen Kommissar John Rebus in die Herzen der Krimiliebhaber geschrieben hat. In mittlerweile 22 Büchern lässt Rankin, der als einer der Väter der modernen Detektivgeschichte betrachtet werden kann, Rebus Spuren in Edinburgh verfolgen.
Resümee
Eine Reise nach Schottland lohnt sich. Wie kaum ein anderes Land wird hier die Literatur hochgehalten. Und all jenen, die sich neben der Lektüre ein Glas Whisky nicht entgehen lassen wollen, sagen wir: Slàinte!
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